Wasserstoff, Digitalisierung, Kabelleitungsbau und Sanierung – dies waren die Themen von vier Online-Seminaren, die das iro im März 2022 durchgeführt hat. Dass man mit der Themenauswahl am Puls der Branche agiert hat, machten positive Rückmeldungen und hohe Teilnehmerzahlen deutlich. Inhaltlich orientierten sich die Vorträge, die an einem oder zwei Tagen jeweils in kompakten Einheiten angeboten wurden, an den Präsentationen des auch in diesem Jahr coronabedingt abgesagten Oldenburger Rohrleitungsforums.
“Das Forum-Programm war bei der kurzfristigen Absage bereits fertiggestellt und die Vorbereitungsarbeiten erledigt“, erläutert Prof. Dipl.-Ing. Thomas Wegener, Vorstandsmitglied des Instituts und Geschäftsführer der iro GmbH Oldenburg, zur Entstehungsgeschichte des Formates. „Vor diesem Hintergrund haben wir uns entschieden, einzelne, thematisch zueinander passende Vortragsblöcke aus dem Programm auszuwählen und der interessierten Fachöffentlichkeit in Online-Seminaren anzubieten.“
Insbesondere Wasserstoff und Digitalisierung erwiesen sich erwartungsgemäß auch bei der Präsentation auf Distanz zu den Top-Themen bei den Teilnehmerinnen und Teilnehmern.
Wasserstoff auf der Überholspur?
Unter Energieexperten zählt der Wasserstoff nach wie vor zu den Hoffnungsträgern beim Energiemix der Zukunft. Allerdings gibt es hier noch einiges zu klären. Viele technische Details, die mit den verwendeten Materialien und den zu erwartenden Betriebszuständen zusammenhängen, sind derzeit in Diskussion und Ausarbeitung. Hinzu kommen Fragen übergeordneter strategischer Weichenstellungen sowie rechtliche Aspekte, die im Zusammenhang mit dem Thema Wasserstoff zu diskutieren sind.
„Befindet sich Energie auf Wasserstoffbasis auf der Überholspur“, „Welche Wege können wir mit einer Wasserstoffstrategie in Deutschland überhaupt gehen?“ oder „Welche Anpassungen des Regelwerks sind erforderlich, um Gasnetze mit wasserstoffhaltigen Gasen zu betreiben?“ Erste Antworten auf diese und weitere Fragen gaben die Referenten. Sie stellten anwendungsbezogene Erkenntnisse aus Wissenschaft und Forschung vor und gingen unter anderem auf Aspekte der Zertifizierung der Wasserstoffverträglichkeit mit Blick auf die „H2-Readiness“ oder die Umstellung und den Neubau der Wasserstoffinfrastruktur ein. Zudem gab es einen Überblick über den aktuellen Stand der Regelwerke.
Meilenstein Digitalisierung
Die Digitalisierung unserer Gesellschaft schreitet in allen Bereichen voran – ein Prozess, der auch vor der Infrastruktur nicht Halt macht. Dass sich dabei viele Chancen auch im Sinne ressourcensparender Anwendungen ergeben, planerische, bauliche und besonders auch betriebliche Prozesse neu zu gestalten – so eine der Botschaften des Online-Seminars Digitalisierung 2022. Auch die Methodik des Building Information Modeling nahm breiten Raum ein im Rahmen des Online-Seminars. Was bedeuten Digitalisierung und BIM für den Leitungsbau? Wo steht die Branche und was müssen die nächsten Schritte sein? Weitere inhaltliche Schwerpunkte bildeten Ausführungen über effiziente Maßnahmensteuerung in Rohrnetzen im Rahmen eines integrierten Asset-Managements sowie über die Vermessung mit Smartphone- Apps oder die Vorstellung des Digitalen Monteurs. Klares Fazit des Themenblocks: Die Digitalisierung kann zu einem Meilenstein werden, Effizienz und Nachhaltigkeit beim Bau, Erhalt und Management leitungsgebundener Infrastrukturen umzusetzen
und zu verankern.
Energietrassen im Fokus
Der Kabelleitungsbau weist in Teilbereichen große Ähnlichkeit zum Rohrleitungsbau auf und zählt damit eher zu den Klassikern der Branche. Aktualität gewinnt das gesamte Themenspektrum jedoch – dies wurde auch im Online-Seminar Kabelleitungsbau 2022 deutlich – durch die zurzeit geplanten und bereits im Bau befindlichen
großen Energietrassen. Interessanterweise offenbaren sich hier gerade für Stromer und Gaser im Zusammenhang mit der Energiewende Gemeinsamkeiten und Gegensätze. Grund genug für beide Partner miteinander zu Netzwerken und optimierte Lösungen gemeinsam zu erarbeiten. Ideen hierzu lieferten Vorträge, die vom Erdkabelleitungsbau in Planung und Genehmigung über die Auswirkung der Energiewende auf Strom- und Rohrleitungsnetze bis hin zu den Herausforderungen an das deutsche Übertragungsnetz reichten.
Sanierung – Neue Wege für alte Kanäle
Die Sanierung des alternden Infrastrukturnetzes zählt ebenfalls zu den immerwährenden Aufgaben von Kommunen und Netzbetreibern. Je älter ein System wird, je intensiver betriebliche Belastungen an der Substanz zehren, desto größer wird die Wahrscheinlichkeit eines Sanierungsbedarfs. Insbesondere in den Entwässerungsnetzen – aber auch anderswo – haben sich ausgeklügelte Techniken und Systeme entwickelt, die die Nutzungsdauer einer Rohrleitung ganz im Sinne des Ressourcenschutzes und der Nachhaltigkeit um Jahrzehnte verlängern können. Wie das im Detail aussehen könnte, machten die Referate beim Online-Seminar Sanierung 2022 deutlich. Vorgestellt wurden aktuelle Neuerungen und Perspektiven sowie grabenlose
Bauverfahren. Darüber hinaus gingen die Referenten der Frage nach, wie eine Zustandserfassung und -bewertung zur Basis für eine nachhaltige Sanierungsplanung genutzt werden kann. Und dass Hightech längst auch in der Inspektions- und Sanierungstechnik Einzug gehalten hat, belegten Praxisbeispiele für die Inspektion
von Großkanälen und Sonderbauwerken mit einer Kanaldrohne.
(iro/2022)