Der DVGW hat ein Forschungsnetzwerk „LNG &Mobilität“ gegründet, das seine Arbeit in Bonn aufgenommen hat. Der Verein möchte damit die verschiedenen Aktivitäten in diesem Forschungsgebiet bündeln und gemeinsam weiter entwickeln.
Der Schwerpunkt liegt auf der konzeptionellen und technologischen Weiterentwicklung, aber auch in der Kommunikation nach außen. Dabei wird der DVGW nicht nur eine koordinierende Rolle einnehmen, sondern diese Innovation auch gezielt an politische Entscheidungsträger adressieren. Im Rahmen des Workshops haben potenzielle Tankstellen- und Hafenbetreiber, Gütertransportunternehmen, Gasversorgungsunternehmen sowie Technologieanbieter von Fahrzeugen und Mobilitätsinfrastruktur Hindernisse der Entwicklung von Flüssigerdgas in Deutschland definiert und Lösungsvorschläge skizziert.
In den letzten Jahren sind erhebliche Fortschritte bei der Versorgung Europas mit verflüssigtem Erdgas (LNG = Liquified Natural Gas) erzielt worden. Neue Produktionskapazitäten wurde geschaffen, schwerpunktmäßig in Nord- und West- Europa, und weitere sind in Planung. Mit dem Aufbau dieser Infrastrukturen bietet sich eine neue Option an, nämlich die Nutzung des verflüssigten Erdgases für den Verkehrs- bzw. Transportsektor. Ein weiterer Vorteil im Vergleich zum CNG (Compressed Natural Gas) ist die deutlich gestiegene Reichweite der Fahrzeuge, was für den Straßen- und Schiffstransport eine wesentliche Voraussetzung ist.
Mit der EU-Richtlinie über den Aufbau einer Infrastruktur für alternative Kraftstoffe (Richtlinie 2014/94/EU) werden unter anderem Mindestanforderungen für die Errichtung der Infrastruktur für alternative Kraftstoffe einschließlich Ladepunkten für Elektrofahrzeuge sowie Erdgas- und Wasserstofftankstellen festgelegt. Bis November 2016 müssen die Mitgliedsstaaten nun auf nationaler Ebene geeignete Rechtsvorschriften umsetzen. So ist etwa vorgesehen, dass jeder Mitgliedsstaat einen nationalen Strategierahmen für die Marktentwicklung bei alternativen Kraftstoffen im Verkehrsbereich und für den Aufbau der entsprechenden Infrastrukturen festlegt.
Auf die herausragende perspektivische Bedeutung von LNG für den Lastverkehr hat zuletzt auch die Studie „LNG in Deutschland: Flüssigerdgas und erneuerbares Methan im Schwerlastverkehr“ der Deutschen Energieagentur (dena) hingewiesen. Um kurzfristig wettbewerbsfähig zu sein, solle bis 2024 ein Anteil von 10 % LNG-Fahrzeugen im Lkw-Markt und 4 % LNG im Kraftstoffmarkt erreicht werden. Voraussetzung dafür sei eine koordinierte Zusammenarbeit von Industrie und Regierung: Während die Industrie in Pilotflotten und Infrastrukturen investiere, müsse die Regierung für Investitionssicherheit sorgen. Als politisches Mittel empfiehlt die Studie eine nationale Strategieplattform mit genauen Zielvorgaben für die Etablierung von LNG als Kraftstoff, eine Verlängerung der Energiesteuerermäßigung für Erdgas und Biomethan sowie die Integration von gasbetriebenen Nutzfahrzeugen in öffentliche Flotten.
Erdgas spielt in der Dekarbonisierung des Verkehrssektors eine bedeutende Rolle. Im Vergleich zu Benzin und Diesel werden CO2-Emissonen um bis zu 25 % und Stickoxide um bis zu 90 % reduziert. Auch fallen bei der Verbrennung von Erdgas in Fahrzeugmotoren praktisch keine Feinstaubemissionen an. Erdgas als Kraftstoff wird bislang schwerpunktmäßig für den PKW-Sektor und den öffentlichen Personennahverkehr eingesetzt, auf Basis der CNG (Compressed Natural Gas)-Technologie. Dabei wird Erdgas aus dem bestehende Gasnetz lokal entnommen und in komprimierter Form in den Fahrzeugen gespeichert. In Nordamerika, Teilen von Europa und China wird LNG und Flüssigbiomethan schon erfolgreich als Kraftstoff genutzt: Über 50.000 Lkws und etwa 1.300 Tankstellen sind dort bereits in Betrieb. Neben dem Transportsektor zu Land bietet sich verflüssigtes Erdgas für den Schiffsverkehr an, sowohl im maritimen Bereich wie auch in der Binnenschifffahrt. Hier kann LNG auf Grund seiner brenntechnischen Eigenschaften helfen, die Rußemissionen zu senken, da Erdgas praktisch ohne Partikelausstoß verbrennt.
Auch die kommerzielle Schifffahrt in Deutschland setzt zunehmend auf LNG als alternativen Kraftstoff. So wird ab dem 4. Juli 2015 eine neue LNG-betriebene Helgoland-Fähre ihren Betrieb aufnehmen. Das Bäderschiff wird einmal pro Woche von den LNG-Terminals in Rotterdam oder Zeebrügge per Lkw mit dem Treibstoff versorgt. So werden 1,2 Mio. Liter Marinediesel pro Jahr ersetzt. Mittelfristig plant der Lieferant Bomin Linde den Bau eines LNG-Terminals im Hamburger Hafen, das 2017 in Betrieb gehen soll. Dieses Terminal soll die Basis für ein LNG-Tankschiff sein, das entlang der deutschen Küste Schiffe mit Flüssigerdgas versorgen kann.
Frank Gröschl
E-Mail: groeschl@dvgw.de