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Globale Gasmärkte bis 2030: Studie betrachtet Folgen ausbleibender Gasmengen aus Russland

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Autor: Elisabeth Terplan

Die USA entwickeln sich voraussichtlich künftig zur wichtigsten Bezugsquelle für verflüssigtes Erdgas (LNG) in Deutschland und Europa. Zu diesem Schluss kommt die Studie „Entwicklungen der globalen Gasmärkte bis 2030“, welche vom Energiewirtschaftlichen Institut an der Universität zu Köln (EWI) im Auftrag von Zukunft Gas erarbeitet wurde und mögliche Veränderungen auf Angebots- und Nachfrageseite von Pipeline-Gas und LNG (Liquefied Natural Gas) bis zum Ende des Jahrzehnts untersucht. Im Kern stehen die Folgen eines eingeschränkten Handels mit Russland.

Die Studie des EWI untersucht in verschiedenen Szenarien den künftigen Gashandel zwischen der Europäischen Union (EU) und Russland und deren Auswirkungen auf die globalen Handelsbeziehungen. Klares Ergebnis: Der europäische Bedarf nach LNG steigt deutlich. Für den Fall, dass der Gashandel aus Russland dauerhaft zum Erliegen käme, würden die drei verbleibenden Pipelinekorridore von Norwegen, Aserbaidschan und Algerien in die EU stark ausgelastet werden. Über bestehende Liefermengen hinausgehend kann zusätzliches Gas von dort nur in begrenztem Umfang bezogen werden. Norwegen kann seine Produktion nach aktuellen Schätzungen noch bis zum Jahr 2028 steigern, danach wird die Produktion zurückgehen. Importe aus den nordafrikanischen Exportländern werden voraussichtlich abnehmen, weil im Zuge des zu erwarteten Wirtschaftswachstums die heimische Nachfrage dort steigen wird.

Die Untersuchung des EWI kommt daher zu dem Schluss, dass die Lücke der russischen Gaslieferungen mithilfe von LNG-Importen gefüllt werden muss. Dabei könnten LNG-Lieferungen aus den USA die größte Rolle auf dem europäischen Markt
übernehmen. In allen untersuchten Szenarien steigen die Importe der USA gegenüber dem Jahr 2021 deutlich an. Sollte zwischen Russland und der EU kein Gas gehandelt werden, erreichen sie einen Anteil an den Gesamtimporten der EU von ca. 40 %. Damit würde sich die EU neben Asien zu einem der wichtigsten Absatzmärkte für Erdgas aus den USA entwickeln. Dagegen ist das Wachstum der aus Katar kommenden Mengen beschränkt. Auch zusätzliche Importe aus Australien oder Kanada werden vermutlich für den europäischen Markt nicht signifikant sein, da diese Exporteure in erster Linie den asiatischen Markt bedienen werden. Die zusätzlichen Mengen können jedoch helfen, Knappheiten auf den Weltmärkten zu verhindern. Dazu könnte auch eine geringere Nachfrage beitragen. Laut Studie wäre das beispielsweise durch Elektrifizierung, Effizienzgewinne und die Produktion von Biomethan als Erdgas-Substitut erreichbar.

Die starke Fokussierung auf die USA birgt neue Herausforderungen: „Mit Blick in die unmittelbare Zukunft ist Deutschland gefragt, die angestrebte Diversifizierung der Bezugsquellen nicht aus den Augen zu verlieren“, fordert Dr. Timm Kehler, Vorstand von Zukunft Gas. „Nur so kann die europäische Gasversorgung tragfähig und sicher werden. Für die Neuausrichtung ist eine langfristige Strategie erforderlich, die eine diversifizierte LNG-Beschaffung stärkt.“ Hinzu komme, so Kehler weiter, dass auch die USA langfristige Signale erwarten. „Nur wenn unsere US-amerikanischen Handelspartner ein klares Bild über die künftigen Abnahmeperspektiven haben, werden sie die nötigen Investitionen zum Ausbau der Verflüssigungskapazitäten leisten. Werden entsprechende Kapazitäten am US-Markt nicht rechtzeitig und in ausreichendem Maße geschaffen, drohen zum einen Risiken im Hinblick auf die Versorgungsbilanz und zum anderen steigende Preise.“ Mit Blick auf die aktuelle Preissituation rechnet Kehler bereits ab 2024 mit einer Entspannung: „Der zügige Ausbau der LNG-Terminals in Europa wird Importengpässe beseitigen und die europäischen und asiatischen Preise angleichen.“ Ein Preisniveau wie 2018 erwarten die Studienautoren des EWI allerdings frühestens 2026 und auch nur bei einem zumindest teilweise bestehenden Handel mit Russland: Ohne Gashandel mit Russland könnten die Großhandelspreise in Nordwesteuropa auch im Jahr 2026 noch über 90€/MWh liegen. Bei einer global sinkenden Nachfrage kann jedoch das Preisniveau von 2018 auch ohne russisches Gas bis 2030 wieder erreicht werden.

(Quelle: Zukunft Gas/2022)