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DLR be­legt Markt­po­ten­zi­al und Nach­hal­tig­keit von Fäh­ren mit Brenn­stoff­zel­len-An­trieb

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Autor: Elisabeth Terplan

Das Leben am Meer oder auch nur der Urlaub sind ohne sie oft undenkbar: Fähren, die Menschen, Autos und Lastwagen bis hin zu ganzen Zügen übers Wasser transportieren. Für den Antrieb kommt in Schiffsmotoren bis auf wenige Ausnahmen Diesel oder Schweröl zum Einsatz. Beide erzeugen bei ihrer Verbrennung umwelt- und klimaschädliche Emissionen. Im EU-Projekt HySeas III hat das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) deshalb untersucht, ob und unter welchen Voraussetzungen alternative Antriebe auf Basis von Wasserstoff-Brennstoffzellen eine Lösung sind. Forschende des DLR-Instituts für Vernetzte Energiesysteme in Oldenburg haben dazu eine Marktanalyse erstellt und sich bei einer Lebenszyklus-Analyse die Effekte dieser Technologie auf Umwelt, Wirtschaft und Beschäftigung angeschaut. Als Beispiel nutzten sie die im Rahmen des Forschungsprojekts vorgegebene Strecke zwischen Kirkwall und Shapinsay auf den Orkney-Inseln im Norden Schottlands.

Über den Lebenszyklus 80 % weniger Emissionen

„Fähren, die mit Brennstoffzellen-Antrieb und Wasserstoff aus erneuerbaren Quellen unterwegs sind, stellen auf dieser Strecke definitiv eine Alternative dar. So könnte man rund 80 Prozent der Treibhausgas-Emissionen einsparen – von der Fertigung, über den Betrieb bis hin zur Verschrottung“, fasst DLR-Wissenschaftler Juan Camilo Gómez Trillos zusammen. Als einzige Emission entsteht beim Betrieb von Brennstoffzellen Wasser oder Wasserdampf. Schädliche Emissionen fallen derzeit allerdings noch bei Produktion, Betrieb und Entsorgung der Fähre und der Wasserstoff-Infrastruktur an. Besonders attraktiv ist das Szenario, weil vor Ort in Schottland bereits mit Windkraft viel erneuerbarer Strom gewonnen wird. Sogar so viel, dass dieser nicht nur ins Stromnetz eingespeist, sondern auch per Elektrolyse in Wasserstoff umgewandelt wird. Zusätzlich zur Wasserstoffproduktion sind somit erstes Know-how und die entsprechende Infrastruktur vorhanden. Zudem wurden die lokalen Seeleute für die Arbeit auf wasserstoffbetriebenen Schiffen geschult.

Höhere Investitionen und Betriebskosten

Die wirtschaftlichen Betrachtungen trüben allerdings die Bilanz alternativer Konzepte. Denn die Investitionskosten für Wasserstoff-Fähren sind heute noch rund 25 % höher. Das liegt vor allem an den momentan noch sehr hohen Fertigungskosten für Brennstoffzellen sowie den eingesetzten, teuren Materialien wie Platin. Auch die Betriebskosten waren pro Kilometer um rund 50 Prozent höher (Stand Dezember 2021), vor allem bedingt durch den derzeit noch relativ hohen Wasserstoffpreis. „Diese Zahlen könnten sich aber in Zukunft ändern, je nachdem wie sich die politischen Rahmenbedingungen rund um das Thema Klimaschutz ändern, zum Beispiel durch eine CO2-Steuer oder den Aufbau einer sektorenübergreifenden Wasserstoff-Wirtschaft“, ergänzt Gómez Trillos.

RoPax-Fähren: Markt vor allem in Europa

Betrachtet haben die DLR-Forschenden für die Analyse des Marktpotenzials sogenannte RoPax-Fähren. Die Abkürzung steht für Roll-on-Roll-off-Fähren, die Passagiere transportieren und bei denen die Fracht – also Autos und Lastwagen – auf das Schiff hinauf und auch wieder heruntergefahren wird. Dieser Typ von Schiff kann in Größe, Tonnage und Ausstattung teilweise erheblich variieren. Auch der Markt ist sehr unterschiedlich aufgebaut, was Betreiber, Eigentümer und Routen betrifft. Nach Schiffsflaggen und Stückzahl hat Europa mit mehr als 42 %  den größten Anteil am weltweiten RoPax-Markt, gefolgt von Indonesien mit zehn und Japan mit 7 %. Die Lebensdauer dieser Schiffe beträgt rund 35 Jahre, das durchschnittliche Alter bestehender Schiffe 24 Jahre. „In rund zehn Jahren wird ein erheblicher Teil dieser Schiffe sein Lebensende erreicht haben. Das ist ein weiterer Anreiz, über Alternativen auch im Antriebsbereich nachzudenken, noch mehr, wenn Länder ihre Emissionen bis 2050 reduzieren müssen und wollen.“

Wasserstoff-Technologie für kleinere Fähren 

Ein großes Marktpotenzial sieht die Studie folglich vor allem in Europa mit interessanten Märkten in den skandinavischen Staaten, Großbritannien, Italien, Griechenland, der Türkei und Deutschland. „Brennstoffzellen-betriebene Fähren bieten vor allem für Routen mit mehreren Zwischenstationen oder für längere Strecken – die Batterie-betriebene Schiffe nicht schaffen – eine Lösung, allerdings eher im Segment der kleineren Schiffe mit einer Bruttoraumzahl (BRZ)von 2.000. Denn hier kann man mit am Markt verfügbarer Brennstoffzellen-Technologie arbeiten, die Antriebsleistungen um die zwei Megawatt ermöglicht“, beschreibt DLR-Experte Juan Camilo Gómez Trillos. Im Hinblick auf Arbeitsplätze sieht die Studie vor allem einen Effekt bei der Produktion von Schiffen sowie den Komponenten für Brennstoffzellen und Infrastruktur. Investitionen und Beschäftigungseffekte werden vor allem zu Beginn vorhanden sein, eher weniger beim Betrieb und beim Verschrotten der Fähren.

Zum Projekt HySeas III:

HySeas III ist der letzte Teil eines dreiteiligen Forschungsprogramms, das im Jahr 2013 begann. HySeas I befasste sich mit der Theorie von wasserstoffbetriebenen Schiffen. HySeas II entwarf im Rahmen einer detaillierten technischen und kommerziellen Studie ein Schiff mit Wasserstoff-Brennstoffzellen-Antrieb.

Im Fokus von HySeas III stand zu zeigen, dass Brennstoffzellen erfolgreich in ein bewährtes Hybrid-Elektroantriebssystem (Elektroantrieb, Steuergerät, Batterien) zusammen mit den benötigten Wasserstoffspeichern integriert werden können. Das Projekt hat dies durch Entwicklung, Bau, Test und Validierung eines vollwertigen Antriebsstrangs an Land erreicht.

Die Beispiel-Route für ein solches innovatives Schiff diente die Strecke zwischen Kirkwall und Shapinsay auf den Orkney-Inseln im Norden Schottlands.

(Quelle: DLR/2022)