Im Projekt „SolidScore“ nutzt ein Forschungsteam der FH Münster aktuell Reststoffe, die eigentlich an einer Biogasanlage eingesetzt werden, in einer Versuchsanlage zur biologischen Wasserstoffproduktion. In einem eigens konstruierten Reaktor vergärt zum Beispiel Milchpulver zu biologischem Wasserstoff, Methan und organischen Säuren. Das Team um Prof. Dr. Elmar Brügging, Juliana Rolf, Sören Kamphus und Marion Schomaker untersucht, wie sich mithilfe der dunklen Fermentation Feststoffe insbesondere in den begehrten Energieträger Wasserstoff umwandeln lassen. Dies geschieht mithilfe von speziellen wasserstoffproduzierenden Bakterien in Abwesenheit von Sauerstoff und Licht. Die dafür nötige Versuchsanlage hat das Team am Fachbereich Energie – Gebäude – Umwelt auf dem Technologie-Campus Steinfurt nun in Betrieb genommen. Sie läuft rund um die Uhr.
Und das erste Ergebnis ist gleich vielversprechend: Aus den Milchpulverresten, die die PlanET Biogastechnik GmbH als Projektpartner dem Team zur Verfügung gestellt hat, hat die Anlage 100 Liter Gas gewonnen – darunter 20 Liter Wasserstoff. In den sechs Abschnitten – sogenannten Kompartments – des Reaktors vergärt das Substrat, zwei davon produzieren Wasserstoff, vier weitere Methan. Die organischen Säuren fallen als Nebenprodukte an.
„Gerade testen wir mit Milchpulver, jedoch sind auch Raps-, Futter- und Lebensmittelreste generell denkbar für die Produktion und werden im Rahmen des Projektes ebenfalls getestet“, sagt Projektingenieurin Rolf. „Voraussetzung für die Stoffe ist, dass sie fest und trocken sein müssen.“ Sie kennt sich mit der dunklen Fermentation bereits aus: Im Vorgängerprojekt „HyTech“ vergor das Team zuckerhaltige Industrieabwässer zu Wasserstoff und Methan. „In einem anderen Forschungsprojekt konnte eine Molkerei, mit der wir damals zusammengearbeitet haben, durch ihre Abwasserbehandlung sieben Prozent ihres Erdgasverbrauchs einsparen. Das klingt vielleicht nicht nach viel, doch es ist ein signifikanter Schritt, um die Energiewende in einem Unternehmen voranzutreiben.“
Die Versuchsanlagen laufen bisher noch in einem experimentellen Maßstab. Während die FH Münster das Verfahren erforscht, untersucht die EMCEL GmbH in „SolidScore“, welchen ökologischen Fußabdruck es eigentlich hinterlässt. Der Projektpartner PlanET Biogastechnik GmbH prüft, wie wirtschaftlich das Verfahren ist oder ob es noch optimiert werden muss, um es Unternehmen für die Weiterverwertung ihrer Produktionsreste bei gleichzeitiger Energiegewinnung zur Verfügung zu stellen. Denkbar wäre es, nach Abschluss des Projekts die Fermentation von Abwasser und Feststoffen zu kombinieren.
„Dann könnten wir flexibel und insbesondere saisonal reagieren“, überlegt Rolf. Die dunkle Fermentation allein könne zwar nicht für eine flächendeckende Produktion von biologischem Wasserstoff sorgen, sagt Projektleiter Brügging, allerdings sei es sinnvoll, mehrere Wege zu erforschen und Bausteine zu schaffen. „Das Verfahren verfügt über ein großes Potenzial, jedoch steckt darin auch weiterhin viel Forschungsarbeit. Mit der Inbetriebnahme der Anlage haben wir einen großen Meilenstein im Projekt erreicht. Wir sind gespannt auf die weiteren Ergebnisse.“
SolidScore wird durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert.