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Industriepark Höchst: Carbon Capture-Pilotanlage geht in Betrieb

Infraserv Höchst hat an der Klärschlammverbrennungsanlage des Industrieparks Höchst eine Carbon Capture-Pilotanlage erfolgreich in Betrieb genommen, um Daten und Erfahrungen zur Machbarkeit der CO₂-Abtrennung aus Rauchgasen zu gewinnen.

von | 11.06.25

ie Carbon Capture-Pilotanlage wurde an die Klärschlammverbrennungsanlage (KVA) von Infraserv Höchst angeschlossen, eine der größten und modernsten ihrer Art in Deutschland. ©Infraserv GmbH & Co. Höchst KG, 2025

Die Pilotanlage lieferte GEA, ein weltweit führender Anbieter von Prozesstechnologien und nachhaltigen Industrielösungen. Infraserv Höchst mietet die Anlage für einen Zeitraum von drei Monaten an.

„Pilotanlagen dieser Art sind unverzichtbar, um das Verfahren zu testen und notwendige Daten zu sammeln“, erklärt Dr. Joachim Kreysing, Geschäftsführer von Infraserv Höchst. Dies sei die Voraussetzung dafür, perspektivisch eigene, größere Carbon-Capture-Anlagen im Industriepark Höchst betreiben zu können. „Carbon Capture kann einen wichtigen Beitrag zur nachhaltigen Transformation des Standorts leisten, wenn die technischen, wirtschaftlichen und regulatorischen Rahmenbedingungen stimmen.“ Carbon Capture trägt dazu bei, CO₂-Emissionen zu reduzieren, fossile Ressourcen zu schonen und die Kreislaufwirtschaft zu fördern. „Wir wollen im Industriepark Höchst die besten Voraussetzungen dafür schaffen, um unseren Kunden den Weg in Richtung Nachhaltigkeit zu ermöglichen. Dazu gehören auch die unterschiedlichen Nutzungsmöglichkeiten von CO₂“, so Dr. Kreysing. Infraserv sondiert den Markt kontinuierlich, um mögliche Abnehmer von abgetrenntem CO₂ zu identifizieren.

Abtrennung von CO₂ aus Rauchgasen ist herausfordernd

Im Rahmen des Projektes wird an der Klärschlammverbrennungsanlage von Infraserv Höchst ein Teilstrom des Rauchgases am Kamin entnommen, um in der Pilotanlage das darin enthaltene CO₂ herauszuwaschen und abzuscheiden. Dies stellt eine besondere Herausforderung dar, da das Rauchgas einer Verbrennungsanlage viele unterschiedliche Bestandteile enthält. Daher ist die Testphase entscheidend, um Erfahrungen zu sammeln und die Machbarkeit der CO₂-Abtrennung hinsichtlich verschiedener Parameter zu prüfen. So werden Daten zur Abtrennrate, der Reinheit des CO₂, der Zersetzung des Waschmittels, mit dem das CO2 gebunden und abgetrennt wird, und des Energiebedarfs ermittelt.

„Im Kern geht es um die Bewertung des Energiebedarfs, der Effizienz und der Kosten einer großtechnischen Abscheidungsanlage an einer Verbrennungsanlage“, erklärt Dr. Sirko Ogriseck, Projektleiter von Infraserv Höchst.

Die Klärschlammverbrennungsanlage wurde bewusst gewählt, da ein Teil des CO2 biogenen Ursprungs ist. Perspektivisch möchte Infraserv dieses CO2 an Startups liefern, damit sie es gemeinsam mit kohlenstoffarmen Energien wie grünem Wasserstoff und grünem Strom in ihren Synthesen einsetzen können. Biogenes CO₂ spielt eine zentrale Rolle bei der Carbon Capture and Utilization (CCU), also der chemischen Nutzung von Kohlendioxid, weil es im Gegensatz zu fossilem CO₂ als klimaneutral gilt – es stammt aus nachwachsenden Rohstoffen und wurde zuvor durch Pflanzen der Atmosphäre entzogen. Dadurch ermöglicht biogenes CO₂ die klimaneutrale Herstellung von chemischen Produkten, Kraftstoffen und Materialien, deren CO₂-Bilanz ansonsten negativ wäre, und unterstützt die Transformation der chemischen Industrie hin zu einer treibhausgasneutralen Kreislaufwirtschaft.

Der Prozess der CO₂-Abscheidung durch die GEA Pilotanlage

„An der KVA wird ein Teilstrom des Rauchgases am Kamin entnommen. Dieses Rauchgas wird in die Pilotanlage geführt. Bei der CO₂-Abscheidung mit Aminen wird das CO₂ aus dem Rauchgas herausgewaschen,“ erläutert Michael Schneider, R&D Engineer Carbon Capture Solutions von GEA, den Prozess der CO₂-Abscheidung. „Das Rauchgas wird dazu mit einer Flüssigkeit, einem Amin-Wasser-Gemisch, in Kontakt gebracht, welche das CO₂ aufnimmt. Anschließend wird diese Flüssigkeit erhitzt, sodass das CO₂ wieder freigesetzt wird.“ Das aus dem Rauchgas abgetrennte CO₂ wird auf seine Reinheit untersucht, parallel Betriebsdaten der CO₂-Abtrennung gesammelt. „Nach der Abscheidung in der Pilotanlage könnte das CO₂ gereinigt und weiterverarbeitet werden, was aber nicht Teil des Projektes ist. Aktuell wird das CO₂ nach der Behandlung in der Pilotanlage wieder zurück in den Kamin der KVA geführt“, erklärt Schneider.

Abgeschiedenes CO₂ für die Produktion synthetischer Kraftstoffe

Für Infraserv Höchst ist das Thema „Carbon Capture and Utilization (CCU)“ nicht neu. Bereits vor einigen Jahren wurde das an der Biogasaufbereitungsanlage des Industrieparks abgetrennte CO2 im Forschungsprojekt ICO2CHEM gemeinsam mit Partnern zu emissionsfreien Ölen und Wachsen weiterverarbeitet. Mittlerweile liefert Infraserv dieses CO2 an die größte Power-to-Liquid-Pionieranlage Europas von INERATEC, die jüngst in Betrieb genommen wurde. In dieser Anlage wird CO₂ in Kombination mit Wasserstoff zu synthetischen Kraftstoffen, wie zum Beispiel E-Kerosin, umgewandelt.

Förderung durch EU-Projekt IS2H4C

Die Carbon Capture-Pilotanlage wird maßgeblich durch das von der EU geförderte Projekt IS2H4C (From Industrial Symbiosis to Hubs for Circularity) finanziert. In vier europäischen Regionen, unter anderem auch im Industriepark Höchst, werden Konzepte für eine nachhaltige Kreislaufwirtschaft entwickelt und modellhaft erprobt. Das Projekt setzt dabei auf industrielle Symbiosen, bei denen Unternehmen Ressourcen, Energien und Infrastrukturen teilen, um die Effizienz zu steigern und Emissionen zu reduzieren.

 

(Infraserv Höchst/2025)

Bildquelle, falls nicht im Bild oben angegeben:

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