Ziel der Dekarbonisierung von Rohstoffströmen in der chemischen Industrie ist, ihren Kohlenstoffbedarf aus nachhaltigen Quellen zu decken. Neben Biomasse ist Kohlendioxid dafür die relevanteste Quelle. Große Teile des Bedarfs werden bereits durch nicht-vermeidbares und nicht-nachhaltiges CO2 aus Zementwerken, Müllverbrennungsanlagen oder Papierindustrie abgedeckt. Eine Versorgungslücke von jährlich mindestens 190 Millionen Tonnen Kohlenstoff bleibt dennoch bestehen.
»Direct Air Capture (DAC)« ist eine Möglichkeit, um standortunabhängig weiteres nachhaltiges Kohlendioxid für chemische Industrieprozesse zur Verfügung zu stellen. Der Nachteil: Aktuell sind Technologien zur direkten Abscheidung von CO2 aus der Luft mit hohen Investitions- und Betriebskosten verbunden und dadurch nicht wirtschaftlich. Das zu ändern ist Zielsetzung des Projektes »Air2Chem: Gepaarte Elektrosynthese von Basis- und Wertchemikalien über natürlich windgetriebene direkte CO2-Abschiedung aus Luft mittels Membran-Gas-Absorption und Carbonat-Elektrolyse«.
Das Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik UMSICHT, CO2CirculAir B.V., die RWTH Aachen (Aachener Verfahrenstechnik, Chemische Verfahrenstechnik), die GKD – Gebr. Kufferath AG und die FXC Engineering GmbH entwickeln gemeinsam einen integrierten »Direct Air Carbon Capture and Utilization (DACCU)«-Prozess. Er kombiniert natürlich windgetriebene DAC mit einer elektrolytischen Konversion der carbonathaltigen Absorberlösung zu Plattformrohstoffen der chemischen Industrie wie Kohlenmonoxid bzw. Ethylen.
Durch diese Verbindung werden sowohl die hohen Energiekosten für die Desorption eingespart als auch Prozessketten im Sinne einer Prozessintensivierung vereinfacht. Gleichzeitig wird im Elektrolyseprozess ein wertschöpfender Anodenprozess integriert, der die Produktion hochpreisiger Chemikalien (z.B. Formaldehyd, Laktat, Formiat oder Flykolat) aus nachhaltig verfügbaren Plattformchemikalien (z.B. Methanol über Power-to-X-Prozesse oder Glycerin aus der Biodieselproduktion) bei einer weiteren Reduktion des Energiebedarfs im Elektrolyseprozess ermöglicht.
Am Ende von »Air2Chem« soll eine Plattformtechnologie für die energieeffiziente und nachhaltige Produktion chemischer Grund- und Wertstoffe als Add-on an bestehende verfahrenstechnische Infrastrukturen in der chemischen Industrie stehen und im Technikumsmaßstab pilotiert werden.
Gefördert wird das Projekt im Rahmen des Innovationswettbewerbs »Energie.IN.NRW« der europäischen Regionalförderung (EFRE/JTF-Programm NRW 2021-2027), welcher federführend durch das Ministerium für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen umgesetzt wird.