Bei der 30. Auflage des Oldenburger Rohrleitungsforums war vieles wie sonst: Unter anderem war das „Klassentreffen der Branche“ wie immer gutbesucht – auch nach mehr als einem Vierteljahrhundert seines Bestehens erfreut sich das Forum enormen Zuspruchs. Und bis zum letzten Quadratzentimeter genutzte Ausstellungsflächen sowie bis auf den letzten Sitzplatz gefüllte Vortragssäle lassen erahnen, dass die Tagung auch im vierten Jahrzehnt ihres Bestehens ein Pflichttermin im Tiefbau-Jahreskalender bleiben dürfte. Aber auch mit einer Reihe von Neuerungen konnten die Organisatoren beim Jubiläum aufwarten – und das gewissermaßen gleich von Anfang an: Die traditionelle Eröffnungsveranstaltung etwa hatte man auf den Vorabend des ersten eigentlichen Veranstaltungstages am 11. Februar vorgezogen, und erstmalig fand der Auftakt für die zweitägige Veranstaltung auch nicht in den Räumen der Jade Hochschule statt, sondern im Festsaal des Oldenburger Renaissanceschlosses. Den traditionell für die Eröffnung genutzten Lichthof hatte man, auch dies ein Novum, kurzerhand zur zusätzlichen Ausstellungsfläche umgewidmet und für Sonderveranstaltungen gerüstet: Unter anderem fand hier die Diskussion im Lichthof statt, bei der Fachleute aus den Bereichen Rohrleitungsbau, unterirdische Infrastruktur und Anlagenbau über die Möglichkeiten und die sich daraus ergebenen Chancen des Building Information Modeling für die Bauwirtschaft der Zukunft diskutierten. Die Vorstellung der vielfältigen Aktivitäten des iro sowie des Engagements der „Prof.-Lenz-Stiftung“ gehörten zu den weiteren Highlights, mit denen der Lichthof aufwarten konnte.
Schnittstelle zwischen Wirtschaft und Praxis
In seiner Begrüßung warf Prof. Thomas Wegener, Vorstandsmitglied des Instituts für Rohrleitungsbau an der Fachhochschule Oldenburg e. V., Geschäftsführer der iro GmbH Oldenburg und Vizepräsident der Jade Hochschule, einen Blick zurück auf die Anfänge der Veranstaltung. Angesichts der Tatsache, dass 2016 über 350 Unternehmen mehr als 3000 Gästen aus dem In- und Ausland ihre Leistungen und Neuheiten präsentierten, sei es nur noch „schwer vorstellbar“, dass man auf dem ersten Oldenburger Rohrleitungsforum gerade einmal zehn Aussteller und knapp 100 Gäste begrüßt habe. Nicht nur die Besucherzahlen seien gestiegen, auch der Charakter der Veranstaltung habe sich mit den Jahren gewandelt. Das von Prof. Joachim Lenz aus der Taufe gehobene Rohrleitungsforum sei inzwischen längst nicht mehr nur eine technisch orientierte Wissenstransfer-Einheit, sondern habe sich als Schnittstelle zwischen Wirtschaft und Praxis etabliert, die „auch ein gesellschaftspolitisches Gesicht“ habe, so Wegener: „Die Digitalisierung der Welt macht auch vor unserer Unterwelt nicht halt“. Mit dem Motto der diesjährigen Veranstaltung „Dumme“ Rohre – „Intelligente“ Netze habe man sich übrigens bewusst für eine plakative thematische Klammer entschieden.
Klassentreffen und Kontaktbörse
Wie weitgefasst die sei, bekräftigte auch Prof. Dr.-Ing. Manfred Weisensee, Präsident der Jade Hochschule. Es gehe bei der Veranstaltung längst nicht mehr ausschließlich um den Rohrleitungsbau, dementsprechend seien auch nicht mehr nur Tiefbauunternehmen vertreten. Das Rohrleitungsforum sei „eine besondere Veranstaltung in besonderem Ambiente“, so Weisensee, und die Entscheidung zugunsten der abendlichen Eröffnung sei offensichtlich richtig gewesen: „Viel mehr dürfen es im nächsten Jahr nicht werden, sonst reicht der Platz nicht aus“, so der Hochschul-Präsident mit Blick auf die gut gefüllten Sitzreihen im Schlosssaal. Klassentreffen und Kontaktbörse sei das Forum, und das „nicht nur für die Region, sondern national und sogar international“, so Weisensee. Nicht zuletzt trage die Veranstaltung maßgeblich zur Entwicklung der Jade Hochschule bei.
Rohrleitungsbau im Zeichen der Energiewende
Lob für den facettenreichen Branchentreff fand auch Jürgen Krogmann, Oberbürgermeister der Stadt Oldenburg, in seinem Grußwort: „Das Tolle an diesem Forum ist, dass sich hier wissenschaftliche und fachliche Kompetenz aus Unternehmen mit Kommunikation verbinden – wir sind nicht nur stark darin, Sachen zu machen, sondern auch darin, miteinander zu reden und Projekte miteinander zu entwickeln.“ Oldenburg sei stolz darauf, seit 30 Jahren Ausrichtungsort der hochkarätigen Veranstaltung zu sein, und er wünsche sich, dass kommende Oberbürgermeister auch das 50. oder auch 75. Jubiläum eröffnen dürften. Hinsichtlich der Themen des Forums habe ein deutlicher Wandel stattgefunden: „Früher ging es darum, Ver- und Entsorgungseinrichtungen von A nach B zu verlegen, heute geht es darum, Kommunikation zwischen den Dingen zu organisieren.“ Die Geschichte des Rohrleitungsforums sei auch die Geschichte der Herausforderungen, welche die Natur an Wissenschaft und Technik stelle, merkte Krogmann mit Blick auf die Energiewende an.
Forum wird internationaler
Mit den für das Gelingen der Energiewende wichtigen Parametern und der Bedeutung der Rohrleitungsnetze in diesem Kontext beschäftigte sich der Vortrag von Olaf Lies, Niedersächsischer Minister für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr, Hannover. „Was wir hier heute diskutieren, hätte man vor 30 Jahren nicht diskutiert“: Mit diesen Worten machte Lies die ungebrochene Aktualität der Veranstaltung deutlich. Gleichzeitig lobte er die Jade Hochschule als den richtigen Veranstaltungsort, der die enge Verzahnung von Wirtschaft und Wissenschaft ermögliche: „Wir brauchen eine noch engere Vernetzung zwischen Wirtschaft und Wissenschaft – gerade für kleine und mittelständische Betriebe sind die Hochschulen und Fachhochschulen, die nah an der Umsetzung sind, wichtige Partner.“ Quasi im Vorbeigehen schlug der Minister dann noch einen neuen Titel für die Veranstaltung vor, der in seinen Augen dem Stellenwert besser gerecht werde, den die Fachveranstaltung rund ums Rohr inzwischen bekleide: „Es müsste eigentlich ‚30. Internationales Oldenburger Rohrleitungsforum’ heißen – ich glaube, manchmal sind wir mit dem, was wir machen, einfach zu bescheiden.“ Mit der Energiewende beschäftigte sich auch der anschließende Vortrag von Prof. Dr.-Ing. Werner Brinker, Oldenburg. Unter dem Titel „Die Zukunft der Energieversorgung in einer dezentralen, digitalen Versorgungswirtschaft“ präsentierte der Redner eine kritische Bestandsaufnahme der bisherigen Anstrengungen und machte auch Missverhältnisse deutlich, die in seinen Augen zwischen bislang erzielten Resultaten und den dafür in Anspruch genommenen Zeitspannen liegen. Die Vorträge des Eröffnungsabends beschloss Dipl.-Meteorologe und Ex-ZDF-Wetterexperte Uwe Wesp, Frankfurt, mit seinen „Gedanken zum Klimawandel“.
So weitgespannt der thematische Bogen der Vorträge am Eröffnungsabend war, so breitgefächert und facettenreich präsentierten sich auch die zwei Tage der eigentlichen Veranstaltung am 11. und 12. Februar, in deren Fokus insbesondere Modelle, Simulation und Steuerung von Infrastrukturen standen – Begrifflichkeiten, die deutlich machten, wie aus scheinbar dummen Rohren intelligente Netze werden können. Wie immer gab es eine Fülle von hochinteressanten und aktuellen Vorträgen und den gewohnt intensiven Austausch, der für neue und wichtige Impulse sorgen wird. Die Mischung aus bewährten Elementen wie Fachvorträgen, begleitender Ausstellung und dem zum Tagesordnungspunkt mit Kultstatus avancierten „Ollnburger Gröönkohlabend“ kam bei Besuchern und Ausstellern jedenfalls wieder gut an. Es war letztendlich so, wie es immer war: eng, laut, höchst interessant und teilweise auch emotional. In diesem Sinne alles irgendwie wie in jedem Jahr; aber trotzdem auch ein bisschen anders: Es war ein Start ins vierte Jahrzehnt des Oldenburger Rohrleitungsforums, wie er besser nicht hätte sein können. Die Branche darf also gespannt sein, wie das Motto des 31. Oldenburger Rohrleitungsforums lauten wird, welches am 9. und 10. Februar 2017 stattfinden wird.